27 Mrz

Hammelherde Trainer und Berater?

BERATUNGSMARKT. Viele Berater bearbeiten ihren Markt nicht mit System bzw. ohne eine in sich stimmige Marketingstrategie. Das behaupte ich seit Jahren. Das zeigt sich besonders scharf in der aktuellen Krise, in der viele Berater nur noch panisch reagieren.

 

So werde ich zum Beispiel seit ein, zwei Wochen von Beratern gleich welcher Couleur per Mail und über solche Kanäle wie LinkedIn mit solchen Angeboten traktiert, wie kostenlos an irgendwelchen Webinaren und Online-Coachings teilzunehmen, die sie nun anbieten, um ihre „Solidarität in der Krise“ zu zeigen. Dabei handelt es sich fast ausnahmslos um

  • Berater, die ich nicht kenne, sowie
  • Berater, bei denen ich, wenn ich mir ihre Webseiten anschaue, den Eindruck habe, sie wurden über Nacht ins digitale Zeitalter katapultiert, denn dort findet man von ihren Online-Aktivitäten noch keine Spur.

 

Fast alle Berater bieten in der Krise als Lösung dasselbe an

 

Und schaue ich mir die Themen der Webinare und Online-Coachings an, dann drehen sich mindestens 95 Prozent von ihnen – nahezu gleichlautend – um die drei Themen „Remote-Office“, „Virtuelle Teams führen“ und „die Krise als Chance“ (wobei ich sicher bin, dass das Gros der Berater den Begriff „Remote-Office“ vor drei, vier Wochen noch gar nicht kannte; ich übrigens auch).

 

Alle anderen Themen hingegen, die vor der Krise en vogue waren, wie Digitale Transformation, Agilität oder New Work und bezüglich denen sich gefühlt zumindest jeder zweite Berater als Spezialist profilieren wollte, sind plötzlich wie weggewischt oder werden zumindest nicht mehr aktiv promotet.

 

 

Der Zielmarkt und eigene Positionierung geraten aus dem Blick

 

Dabei erhält aktuell das Thema „Digitale Transformation der Wirtschaft“, das schon vor der Krise außer vor der Organisationsentwicklung, auch vor der Personalentwicklung der Unternehmen nicht Halt machte (was jedoch viele Berater und Trainer bei ihrer Produktentwicklung verschliefen) durch die Krise gerade einen neuen Pusch.

 

Und das Thema Agilität? Wann mussten die Unternehmen agiler agieren als jetzt in Zeiten, in denen sie nicht wissen, was das Morgen bringt? Wann mussten sie bei ihrer Strategieentwicklung und -umsetzung inkrementeller und iterativer vorgehen als in der momentanen Krise, in der niemand zumindest deren mittel- und langfristige Folgen abschätzen kann? Insofern feiert das Thema Agilität aktuell gerade Hoch-Zeit. Insofern könnte man auch  „Problemlösungen“ in diesem Bereich gut verkaufen, sofern man die aus der Krise resultierenden Herausforderungen sauber analysiert und hierauf aufbauend kleine smarte Türöffner-Produkte schmieden würde, die dem akuten Bedarf entsprechen, denn klar ist: Krisenzeiten sind keine Zeiten, um Großaufträge an Land zu ziehen; sie eignen sich jedoch ideal, um bei Neukunden einen kleinen Erstauftrag an Land zu ziehen, denn in ihnen hinterfragen die Unternehmen ihre Strategien und somit auch ihre bisherigen Problemlösungen.

 

Die Krise wird die Arbeitsstrukturen in den Unternehmen verändern

Ähnlich verhält es sich mit dem Thema „New Work“. Das worüber in den letzten Jahren so viel geredet wurde, wird aktuell in der Krisenzeit schlicht praktiziert:

  • Die Mitarbeiter arbeiten von zuhause aus,
  • sie versuchen sich, eine „Work-life-balance“ zu schaffen, die neben ihrer Arbeit zum Beispiel auch eine Betreuung ihrer Kinder ermöglicht,
  • sie kommunizieren verstärkt digital und nutzen die existierenden Collaboration-Tools
  • und, und, und ….

 

Insofern feiert auch das Thema „New Work“ Hoch-Zeit. Also hätten Berater auch die Chance,…; denn klar ist schon jetzt, dass nach der Krise viele Home-Worker fragen: „Warum soll ich künftig wieder von 9 bis 17 Uhr im Büro sitzen? In der Krise konnte ich doch auch von zuhause aus arbeiten und das ging doch auch.“

 

Doch diese Chance nutzen die meisten Berater nicht. Stattdessen verschicken sie wie eine panische Hammelherde zum Beispiel irgendwelche Mails, in denen sie von der Krise als Chance palavern und den Unternehmen weitgehend dasselbe als „Problemlösung“ anbieten – ohne zu reflektieren:

  • Wer sind meine Zielkunden?
  • Vor welchen Herausforderungen stehen sie aktuell und mittelfristig?
  • Was ist meine Positionierung? Und:
  • Was könnte ich hierauf aufbauend meinen Zielkunden anbieten?

 

 In der Krise bereinigt sich auch der Beratungsmarkt

 In meiner fast 30-jährigen Zeit als Marketingberater für Berater habe ich – soweit ich mich erinnere – noch keinen Berater getroffen, der nicht für sich in Anspruch nahm, ein brillanter Analytiker zu sein und nicht wenige von ihnen bezeichnen sich sogar als „Vordenker“ und „Querdenker“. Doch (nicht nur) aktuell in ihrer Reaktion auf die Krise merkt man davon wenig.

 

Dies lässt mich zuweilen auch an der Kompetenz der Berater zweifeln und denken: Gut, wenn die Krise auch mal – um einen alten Beraterspruch zu zitieren – den Markt bereinigt.

 

Sich als glänzender Analytiker und strategischer Denker beweisen

Dies soll keine Generalabrechnung mit der Beraterzunft sein, der ich mich als Marketingberater für Berater sehr verbunden fühle, vielmehr ein Appell: Leute, zeigt jetzt endlich mal, dass für Ihr glänzende Analytiker und pragmatische strategische Denker seid. Hockt Euch, statt panisch zu reagieren, auf Euren Hosenboden und „durch-denkt“ einmal, soweit möglich, die aktuelle Situation und zieht daraus aufgrund Eurer Feld-, Branchen- und Berufserfahrung die nötigen Schlüsse. Dann gelangt Ihr auch zu smarteren, weil Eurem Geschäftsfeld und Eurer Positionierung angemesseneren Problemlösungen als die Hammelherde … und die Krise ist zumindest mittel- bis langfristig für Euch eine Chance.

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